Das Restwasser

Hier ist der Platz, um Eure Fänge zu präsentieren.
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alpfish

Das Restwasser

Beitrag von alpfish »

Das Restwasser


Die Stelle ist nicht der Ort der reinen Begeisterung. Es tut weh zu sehen wie das muntere Bergwasser in einem kleinen See sich sammelt und dann zum grössten Teil zwischen Gitterstäben verschwindet. Kleinere Fische gehen verloren. Früh in diesem Jahr war es anders. Das Wasser wurde vollständig durch das alte Bachbett abgelassen. Ein Turbinenschaden, wussten die Einheimischen zu berichten. Die Fische wird’s gefreut haben. Doch nun ist wieder der normale Zustand erreicht und der Strom aus der Steckdose ist gesichert. Vor einigen Jahren, bevor das trübe Gletscherwasser kommt, sah ich im Auffangsee eine sehr schöne Fario, die ich schlussendlich mit einer Nymphe auf Sicht überlisten konnte. Seither halte ich an dieser Stelle jeweils Ausschau, ob sich wieder eine solche Gelegenheit ergibt. So stehe ich an diesem Abend nach einer Bergseetour wieder hier und beobachte. Im Auffangsee ist kein Fisch auszumachen, das Wasser ist auch leicht angetrübt. Der Blick schweift weiter über den trockenen Überlauf bachab. Da sehe ich sie stehen, mitten im tiefen, klaren Gumpen der unterhalb von der Auslaufstelle steht, wo der Bach abgelassen wurde. Jetzt fliesst in diesen Gumpen mal gerade soviel Wasser wie ein Brunnenhahn liefert. Erst auf der anderen Bachseite kommt das eigentliche, bescheidene Restwasser dazu. Der Gumpen ist von der Ufervegetation her stark verwachsen und gut beschattet. Der Überlauf ist hoch und steil.

Der Restwassergumpen

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Es gibt nur eine Möglichkeit diese Stelle zu befischen. Ich muss die steile stark verwachsene Böschung weit unterhalb vom Gumpen herabklettern. Zu spät bemerke ich die Brennnesseln. Kurze Hose und Bergschuhe sind nicht ganz die richtige Bekleidung für diese Fischerei…Was soll’s bald kommt der Gumpen näher, geduckt schleiche ich mich langsam in Stellung. Erst sehe ich keinen Fisch. Doch dann ein Ring am Rande nahe beim Rinnsal vom Auslauf. Wie sich herausstellt hausen mindestens drei Forellen in diesem Loch. Eine kleinere die regelmässig kleine Mücken von der Oberfläche frisst. Dann die auserwählte Schönheit die im tieferen Teil ihr Revier durchstöbert und noch eine weitere freche, halbstarke die ab und an das Revier streitig macht. Da muss man acht geben die Richtige anzuwerfen. Eine zweite Chance wird es wohl nicht geben. Ich suche in meiner Köderbox nach einer Delikatesse und entschliesse mich für einen grösseren schwarzen Käfer als Trockenfliege. Bald ergibt sich die Gelegenheit die Fliege ziemlich auf die Mitte vom Gumpen zu werfen. Die Grosse kommt auch rasch daher, bleibt aber auf Distanz. Ich versuche dem Käfer leben einzuhauchen, furche sanft ein. Die Forelle kommt näher aber wendet schlussendlich ab. Hmm… vielleicht doch eher eine kleinere Nymphe absinken lassen, denn gestiegen ist sie seit beginn nie. Also eine kleine grünliche Nymphe mit Goldkopf ans Vorfach, das vielleicht auch ein bisschen dünner hätte sein können. Längere Zeit muss auf die nächste Gelegenheit gewartet werden. Aus der Deckung heraus lässt sich nicht der ganzen Gumpen überblicken und oft ist ungewiss wo die Forellen stehen. Da kommt sie wieder. Doch während dem vorausgeplanten Wurf schlägt sie plötzlich eine andere Richtung ein. Ich mach es ihr nach und lasse die Nymphe mehr nach rechts runter. Dort aber verdeckt ein Stein teilweise die Sicht. Die Forelle verschwindet in Richtung Nymphe hinter dem Stein. Die Gefahr ist gross zur falschen Zeit die Schnur zu straffen. Ich richte mich auf um den Blickwinkel zu verbessern, hoffe das die Forelle jetzt die Nymphe im Fokus hat und die rasche Bewegung nicht erkennt…. Da, sie kommt mit offenem Maul nach oben…. und der Anhieb sitzt. Die Forelle entpuppt sich als sehr wehrhaft. Mir scheint, sie lässt keine der ihr bekannten Verstecke aus um Schutz zu suchen. Mehrmals wird die Schnur an den kantigen Steinen entlang gezogen. Aber es ist ja keine Kapitale und die Schnur ist frisch. Wild schwirren auch die anderen Forellen im Gumpen umher. Da war bestimmt noch eine weitere da. Bald kann ich sie im Auslaufbereich im seichten Wasser landen.

Fario 33cm 400g

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Es war mit Abstand der spannendste Fang vom Tag, ein krönender Abschluss.
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Kingfisher
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Re: Das Restwasser

Beitrag von Kingfisher »

Petri zur schönen Fario. Hat sich gelohnt dein Abstecher in die Brennnesseln :wink:
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Exos
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Re: Das Restwasser

Beitrag von Exos »

Wunderschöne Fario, PETRI! :up:
Shad

Re: Das Restwasser

Beitrag von Shad »

Petri zur "burntrout" :wink: herrlicher Fisch :!:
Twisterboy94

Re: Das Restwasser

Beitrag von Twisterboy94 »

petri :D
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Salmotti
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Re: Das Restwasser

Beitrag von Salmotti »

Wunderschöne Bergbachfario, Petri!
Indianer "brennende Nessel" hat sich erfolgreich angeschlichen und die richtige angeworfen...
Es grüsst mit fischigen Händen

Salmotti
Erzgebirgler

Re: Das Restwasser

Beitrag von Erzgebirgler »

Ein schöner Bericht und herrliche Fotos,...Danke!
Aber sag mal bitte, gibt es bei euch keine Vorschriften, wie hoch die Restwassermenge an solchen Wehren sein muss?
Eigentlich eine Frechheit vom Betreiber und wenn man bedenkt, dass die Wärmedeämmung von zwei Einfamilienhäusern ca. die Energieerzeugung solch eines Wasserkraftwerkes kompensieren würde, greift man sich an den Kopf!!
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zuma
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Re: Das Restwasser

Beitrag von zuma »

Hallo Alpfisch
Sehr schön geschrieben - ich war gedanklich bei Dir.
Solche Situationen sind sehr herausfordernd und neben dem nötigen quentchen Glück, ist auch das entsprechende Können gefordert.
Gruss Kurt

(Bambus-&Trockenfliegenpurist)
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Rolf
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Re: Das Restwasser

Beitrag von Rolf »

Petri Alpfisch,

und ....................


Danke für den schönen Bericht :!:
Gruss Rolf

Rettet die Würmer, fischt mit der Nymphe!
alpfish

Re: Das Restwasser

Beitrag von alpfish »

Brennende Nessel sagt Dank für Anteilnahme Forum :indian:

@ Erzgebirgler
Denke schon das es für die erwähnte Wasserfassung Vorschriften gibt. Mich überrascht es wie du den Energiewert aus diesem Bericht ableiten kannst. Im Sommer kommt im Bach sehr viel Wasser und das genutzte Gefälle schätze ich mal auf mindestens 600 Höhenmeter. Wie erwähnt fliesst das eigentliche Restwasser nicht durch den beschriebenen Gumpen. Es fliesst auf der anderen Bachseite ein und fliesst ohne Schwankungen stetig ab. Der Bach unterhalb der Fassung ist natürlich klein, hat aber einen recht naturnahen Fischbestand. Es gibt einige schöne, of stark verwachsene Gumpen in denen die Fische im klaren Wasser wie beschrieben auf Nahrungssuche herumstreunen. Das ist dann eben Indianerfischen und hat durchaus seinen Reiz. Das Restwasser kommt übrigens vorwiegend von einem kleinen Seitenbach, der im Gegensatz zum Hauptbach im Sommer kein kaltes und trübes Gletscherwasser einspeist. Du siehst, dass ich mich mit den dortigen Verhältnissen abfinden kann und sogar einige Vorteile erkenne. Klar wäre mir dort der Bach ohne Wasserfassung lieber. Kenne aber viele Bäche/Flüsse die durch die Wassernutzung wesentlich schlimmer belastet werden. Stichworte wie Sunk und Schwall oder Stauseespülungen sind für mich weit störender als ein reduzierter, gleichmässiger Abfluss. Solche Kleingewässer haben durchaus ihren Reiz, auch wenn hier der Fischertrag deutlich reduziert ist.
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Uwe
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Re: Das Restwasser

Beitrag von Uwe »

Gelohnt sich hat das brennende Gras......

....... gefangen du hast eine schöner Forelle :D
Gruss Uwe
Eine Seeforelle zu fangen ist wie ein wunderschöner Sonnenuntergang. Man kann es nicht beschreiben, man muss es erlebt haben.
Erzgebirgler

Re: Das Restwasser

Beitrag von Erzgebirgler »

alpfish hat geschrieben: @ Erzgebirgler
Denke schon das es für die erwähnte Wasserfassung Vorschriften gibt. Mich überrascht es wie du den Energiewert aus diesem Bericht ableiten kannst.
Mmmmhh,...ich bin mal einfach davon ausgegangen, das es sich um eine Kleinwasserkraftanlage, so wie es sie auch hier bei uns gibt, handelt. Und nachgewiesen ist nun mal das eine nachträgliche Wärmedämmung eines (!!) Einfamilienhauses energetisch ein Kleinwasserkraftwerk ersetzt!
Hier in Sachsen sind auch einige neue KwKa-Anlagen geplant, wogegen die Anglerverbände Sturm laufen.
Ältere Anlagen werden wieder in Betrieb genommen, dort weden, wo noch nicht geschehen, neue Fischtreppen gebaut, um den Fischen wenigstens die Wanderung offen zu halten, denn auch da, wo keine sind, besteht die Gefahr, das die Fische in Turbinen schwimmen und zehechselt werden.
Du siehst also, überall die gleichen Probleme! :D

Gruß Rico
combino

Re: Das Restwasser

Beitrag von combino »

Petri Alpfish zur schönen Fario, und besten Dank für deinen spannenden Bericht :D

Du kannst ja Brennnesseltee zur gebratenen Forelle trinken :mrgreen:

Gruss Combino
MS Tripper

Re: Das Restwasser

Beitrag von MS Tripper »

Geile Story. Indianer-fischen ist doch einfach das geilste was es gibt :indian: Schöne Alpenforelle hast du da überlistet, gratulation!!!
fishersam

Re: Das Restwasser

Beitrag von fishersam »

Hi alpfish

Freut mich immer wieder von dir zu lesen! Grossen Respekt zu deiner Einstellung, so muss das sein! Weiterhin viel Ausdauer und verlass dich auf deinen Instinkt! ;)

Werde mich ende Sommer mal bei dir melden...

Gruss
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