Fischzucht mit Insekten-Futter

Fragen und Antworten im Sinne von privater Fischzucht, welche nicht nur zur Bestockung von Gewässern dient.
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Rolandus
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Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Rolandus »

Hallo zäme
Habe mich schon mehrfach dazu geäussert, dass ich eine gewisse Zukunft in der Fischzucht sehe, auch wenn mir die heutige Problematik der Fischzucht (vor allem Raubfische) durchaus bewusst ist.
Besonders bei den Bio-Forellen, welche eine optimierte und unproblematische Zucht suggerieren, wird die Problematik gut sichtbar (-> Futter aus Meeresfischen).

Eben hab ich einen aktuellen Artikel gelesen, wonach die Forschung für Fischfutter aus Insekten in die Praxis übergeht und somit wohl in nicht all zu langer Zukunft auch Raubfische mit Futter gezogen werden können, ohne die Meere leer zu fischen.
http://www.srf.ch/konsum/themen/umwelt- ... s-insekten
Dabei ist diese Nahrung ja einigermassen natürlich: Dass Raubfische auch gut auf Insekten in allen Formen (Image, Maden etc.) ansprechen wissen wir ja als Fischer :!:
Weshalb diese also nicht in der Zucht verfüttern, wo gesetzlich möglich auch lebend oder eben in dieser neuen Form als Fischfutter aus Insekten.

Was denkt ihr darüber?
Könnten z.B. grosse Egli-Zuchten in alten Baggergruben auch in der Schweiz einen Teil der Nachfrage nach Eglifilts befriedigen, ohne unsere Seen und auch die immer weiter gelegenen Gewässer (Baltikum, Russland, polen, Finnland) etc. ller zufischen?
ROLANDUS
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berufsfischer

Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von berufsfischer »

ronaldus, niemand kann hierzulande die gewässer leer fischen :) das ist mit den heute erlaubten fanggeräten schlicht unmöglich. überfischung der stehenden gewässer ist in der schweiz seit über 100 jahren kein thema mehr. in etwa das das selbe gilt für finnland. im baltikum und in russland wird raubbau betrieben und gewässer geplündert, weil wir deren fische importieren und uns deren egli und zander als knusperli oder an mandelbutter servieren lassen.

dass insekten oder deren larven jemals die fischproteine im fischfutter ersetzten werden ist unmöglich. gerade die eglis welche du ansprichst, lassen sich nur während etwa einem jahr ohne fisch(mehl) züchten. ohnehin sind noch immer die meisten zuchtfische abhängig von fischmehlhaltigem futtermittel, und deren anteil und die gesamtmenge ist weiterhin zunehmend, und so eine entlastung der weltmehre durch fischzucht immer unrealistischer, im gegenteil, es wird so viel futterfisch gefischt wie nie zuvor in der geschichte.
das problem ist, dass fische, welche nicht auf fischmehlhaltiges futtermittel angewiesen sind, zwar bekannt sind und problemlos gezüchtet werden können, jedoch vom konsumenten nicht geschätzt werden und so kein absatz vorhanden ist. bestes beispiel hierführ ist der karpfen der früher auch hierzulande geschätzt wurde und heute bei der mehrheit verpönt ist. doch gerade die karpfenzucht in teichanlagen ist umweltverträglich wie keine andere und hat eine lange geschichte und in gewissen regionen grossem kulturellen hintergund, und er braucht kein fischmehlhaltiges zusatzfutter. wwf hat ihn als einzigen zuchtfisch in der grünen stufe, aber all das nützt nichts. die leute essen halt lieber ein (zucht)forellenfilet. und so lange die leute sich das leisten können geschieht wenig bis nichts in der fischfutterindustrie...
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Rolandus
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Rolandus »

Aber irgendwo hab ich doch mal gelesen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Eglis, die räuberisch werden und solchen, die bei Plankton/Kleintierchen etc. bleiben.
Das steht auch hier so, aber ich hab das sonst mal in irgend einem Buch gelesen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flussbarsch
"Ab einer bestimmten Größe können Flussbarsche in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot piscivor werden. Sie ernähren sich dann zum Teil kannibalisch von kleineren Barschen, besonders aber von Cypriniden oder anderen jeweils "maulgerechten" Fischen. Die Phase der Makrozoobenthos-Ernährung ist nicht zwingend notwendig, um piscivor zu werden. In sehr produktiven Seen können sich auch große Flussbarsche weiter von Plankton und Benthos ernähren und werden nicht piscivor."
ROLANDUS
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berufsfischer

Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von berufsfischer »

eglis in nährstoffreichen gewässern seen, wo zeitweise grosse mengen mückenlarven, zooplankton ect vorhanden ist, können sich definitiv davon ernähren. aber in der zucht gelten halt andere verhältnisse und kriterien/anforderungen. moderne fischzucht bedeutet nicht, dass fische möglichst artgerecht und ihren natürlichen bedürfnissen entsprechend gehalten und gefüttert werden (können).
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Nobody
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Nobody »

ich verfolge das Thema schon lange, es ist echt ein Witz das Sogenannte Bioforellen aus der Region mit Meerfischmehl gefüttert werden dürfen.

Ich züchte die Soldatenfliegen nun schon das dritte Jahr für Eigenbedarf, als Tierfutter.
berufsfischer

Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von berufsfischer »

Nobody hat geschrieben:Ich züchte die Soldatenfliegen nun schon das dritte Jahr für Eigenbedarf, als Tierfutter.
interessant. als hauptfutter oder als zusatz? für welche tiere? wär spannend von dir zu hören, was du damit für erfolge/erfahrungen gemacht hast.
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Nobody
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Nobody »

Ich verwende sie als Reptilienfutter.
Es gibt kein anderes Insekt mit einem besseren Phosphor / Calcium Verhältnis. (ca 15x mehr Calcium als Grillen)
Sie bilden zusammen mit Schaben und Grillen ca 90% der Tierischen Ernährung.
An etliche flinke Tiere Verfüttere ich auch die Fliegen, die haben zwar keinen grossen Nährwert, aber sorgen für viel Bewegung.
berufsfischer

Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von berufsfischer »

@nobody
für die fütterung von reptilien (vermute mal im wesentlichen für echsen, leguanartige und geckoartige) sicher eine gute futterkomponente.

doch man muss bedenken, dass fische andere verdauungssysteme besitzen als reptilien und sich daher in sachen fütterung nicht so leicht brücken schlagen lassen. zudem ist hier die rede von industrieller fischzucht. da geht es ja primär darum ein nahrungsmittel für die menschliche ernährung zu erzeugen, welches halt immer auch quantitativ und wirtschaftlich erzeugt werden muss und letztlich dann im aussehen, geschmack und textur unseren vorstellungen entsprechen sollte.
gerade die carnivoren arten, welche in der zucht am stärksten vertreten sind bzw beim konsumenten am beliebtesten sind, haben im gegensatz zu den herbivoren und den omnivoren grosse mühe nichtpiscivore nahrung zu verdauen bzw aufzuspalten und in energie und wachstum/fischfleisch umzuwandeln. man sollte vielleicht auch nicht einfach die evolutionäre anpassung, welche die fische perfekt gemeistert haben, einfach nach unseren wünschen verändern und damit faktisch neue lebewesen erschaffen. wenn wir carnivore fische eines tages dahin verändern, dass sie nichtpiscivore proteine aufspalten und umwandeln können, erschaffen wir faktisch neues, künstliches leben welches in der natur nicht vorgesehen und überlebensfähig währe und mit einem fisch nur noch vom aussehen und vom lebensraum wasser etwas gemein hat. en guete bim ässe :)
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Nobody
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Nobody »

Hermetias lassen sich mittlerweile problemlos im grossen stiehl Züchten.
Bei den Amis gibt es sogar grosse Madenkübel zu kaufen, mit Rampen auf denen die
Präpuppen abwandern, automatische ernte.
ich denke bei allen Fischen die in der Natur auch Insekten fressen perfeckt.

was wird den hier in der Schweiz Gezüchtet/gemästet?
Forellen da müst das ja kein Problem sein.
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Rolandus
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von Rolandus »

Danke für die Beiträge. Aber wie so oft gibt es ja keine 100% bzw. schwarz/weiss Lösungen im Leben.
Aber sagen wir mal, zumindest würde zu einem bestimmten Teil die Insektennahrung eine Ergänzung darstellen oder sogar den Bedarf an Fischmehl senken können.
Letzteres könnte man ja auch produzieren, indem man schnell wachsende Weissfische züchtet (z.B. mit Insekten), diese dann zu Fischmehr verarbeitet.
Keine langen Transportwege, kein Ausfischen der Meere.

Ich habe mal gehört, dass es sich auch für einen für schweizerische Verhältnisse relativ grossen Betrieb wir die Blausee-Zucht nicht lohnt, einen Ofen zu betreiben, wo Fischabfälle zu Mehr verarbeitet werden können.
Einfach so verfüttern oder lebende Fische zufügen, ist ja nicht erlaubt.
Aber es sollte doch möglich sein, in irgend einer Form Fischabfälle und gezüchtete Weissfische wirtschaftlich verarbeiten zu können, um damit lokal auch Raubfische zu züchten.

Natürlich bin ich auch der Meinung, dann man wieder vermehrt auch Fische essen sollte, die nicht piscivor sind.
Deswegen esse ich auch Barben, Rotaugen und Karpfen, wobei ich letztere noch nie selber fing, sondern ab und zu kaufte.
ROLANDUS
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Re: Fischzucht mit Insekten-Futter

Beitrag von berufsfischer »

Rolandus hat geschrieben:Aber sagen wir mal, zumindest würde zu einem bestimmten Teil die Insektennahrung eine Ergänzung darstellen oder sogar den Bedarf an Fischmehl senken können.
als ergänzung als futterbestandteil zwar möglich (z.b. als eine der fettquellen). aber in wirtschaftlicher form nicht zu einem nutzbaren fischfuttermittelbestandteil umwandelbar.
wie gesagt, obwohl gewisse fischarten sich in der natur teilweise oder in einigen fällen sogar gänzlich von insekten bzw deren larven ernähren, heisst das noch lange nicht, das insektenlarven zu fischfutter(bestandteilen) verarbeitet werden können...
Rolandus hat geschrieben:Letzteres könnte man ja auch produzieren, indem man schnell wachsende Weissfische züchtet (z.B. mit Insekten), diese dann zu Fischmehr verarbeitet.
Keine langen Transportwege, kein Ausfischen der Meere.
verstehe ich das richtig? du willst eine gewaltige menge fischfutter(in deiner schilderung aus tierisches leben) produzieren und verwenden, um damit fische zur fischfutterproduktion zu züchten, was neben den futtermitteln noch einiges an anderen ressourcen benötigt (land, wasser energie, infrastruktur ect.) nur um am ende einige forellen zu züchten? du propagierst doch so eigentlich den selben irrwitz der heute allgemein bei der tierfutterproduktion herrscht. nämlich, dass rohstoff im grossen ausmass vernichtet wird, welcher menschen durchaus ernähren könnte, nur um damit etwas zu erzeugen, das dem menschen in den wohlstandsstaaten besser schmeckt.
auch wenn ich deine argumentation mit dem ausfischen der weltmeere durchaus verstehe und unterstütze, und das als eines der grössten probleme sehe welches die stark wachsende aquakultur mit sich bringt, denke ich halt, dass erst die ressourcen knapp werden müssen bis der mensch erkennt, das fischzucht in der heutigen industriellen form für die zukunft nicht geeignet ist...
Rolandus hat geschrieben:Ich habe mal gehört, dass es sich auch für einen für schweizerische Verhältnisse relativ grossen Betrieb wir die Blausee-Zucht nicht lohnt, einen Ofen zu betreiben, wo Fischabfälle zu Mehr verarbeitet werden können.
dies aus folgendem grund. man kann schlachtabfälle aus der aquakultur oder der berufsfischerei mit einer spetziellen maschine bedampfen (sterilisiert) und dann trocknen so bekommt man ein produkt, welches als teilbestandteil von fischfutter verwendet werden könnte. aber um vollwertiges fischfutter zu erzeugen braucht es halt mehr als nur schlachtabfälle und so haben auf diese weise weiterverarbeitete schlachtabfälle mit industriellem fischfutter noch nicht viel gemeinsam und das produkt taugt in dieser form allerhöchstens als pflanzendünger (was übrigens heute in der schweiz noch immer der einzig legale verwendungszweck dieses granulates ist!)

man muss im zusammenhang mit fischfutter halt wissen, aus welchen zahlreichen bestandteilen fischfutter zusammengesetzt ist, wie dieses industrieprodukt hergestellt wird, und welche eigenschaften und anforderungen es letztlich zu erfüllen hat :idea:
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