Es war einmal ein Fischer, der pflegte die Eigenverantwortung von sich aus, wenn auch nicht ganz uneigennützig. Ganz so, wie es ihn sein Vater und der Grossvater gelehrt haben. Er schaute stehts voraus und freute sich schon heute auf eine möglichen Fang von Morgen. Er war ein angefressener Fischer und trotzdem stets fair gegenüber Mütterchen Natur. Wenn er ans Wasser ging, wollte er Fische fangen, weil er die Herausforderung suchte und es anschliessend genoss, den Fang zu verzerren. Einzig die kalten Wintertage liebte er nicht sonderlich. Die frostige Winterzeit liess ihm schon beim Gedanken daran fast das Blut in seinen Adern gefrieren. Selbst Weissheiten wie: "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Bekleidung!" waren für ihn lediglich ein schwacher Trost - denn Kalt blieb nun einmal Kalt. So stand er nun, wie jede Saison um dieselbe Jahreszeit, vor ein und derselben Entscheidung - Fischen oder nicht Fischen, dass war die Gretchenfrage!?
Im Prinzip ist dies ja nicht wirklich eine schwere Frage und sie wäre auch leicht zu beantworten. Ein einfaches Ja oder Nein und schon wäre die Angelegenheit geklärt, wenn da nicht das Wissen um die herrliche Aeschenpopulation im nahen Hausgewässer ständig in seinem Kopf herumgeistern würden. Dabei handelt es sich um einen gut durchwachsenen Aeschenstamm, der auf der einen Seite sämtliche Jahrgänge vorwies und auf der anderen Seite in den vergangenen Jahrzehnten nachweislich immer mehr auf eine zunehmende Naturverlaichung zurückzuführen ist. Hinzu kamen noch die Geschichten und Infos von befreundeten Fischerkameraden, die fortwährend von ihren Erfolgen am Stammtisch berichteten. Da war die Rede von guten, ja gar riesigen Exemplaren gegen die 50cm und mehr, die jedes Vorfach gleich nach dem Anschlag mit wilden Fluchten zu sprengen vermochten - oder sich im Drill vehement mit gewaltigen Sprüngen von jedem Haken loslösten. Auch wenn sich der Fischer über den Wahrheitsgehalt solcher Geschichten durchaus bewusst war, nicht umsonst wird behauptet: "Ein jeglicher Fisch wächst zwischen dem Fang im Wasser und dem Weg an den Stammtisch am meisten!", gaben dennoch genau solche Berichte den Ausschlag, den Warmduschergedanken beiseite zu schieben und den nächsten Gang ans Wasser vorzubereiten.
So kam es dann, dass sich der Fischer möglichst warm eingepackt mit Rute und Köder auf ans Fischwasser machte. Wohlweislich hatte er auch daran gedacht auf ein gutes Schuhwerk zu achten und zu Guter Letzt nicht vergessen seine Taschenwärmer (Heizöfeli), welche mittels einem glühenden Kohlestick für zusätzlich angenehme Wärme sorgten, mitzunehmen. Auf diese Weise ausgerüstet ging es nun auf die Pirsch, in bester Laune und guter Hoffnung, die Eine oder Andere prächtige Fahnenträgerin zum Anbiss zu verführen. Naturköder wie Mehlwurm, Bienenmade, Mistwürmer oder etwa Steinbeisser (Steinfliegenlarve) waren und sind nach wie vor ein sehr guter Aeschenköder, doch werden diese meist auch gierig genommen und wenn man nicht schnell genug den Anhieb setzt, auch gleich geschluckt, was natürlich nicht sehr fischfreundlich ist. Vor allem dann nicht, wenn man in einem gemischten Gewässer fischt, wo andere Fischarten vorkommen, die es eigentlich zu schonen gilt. Auch den heranwachsenden Jungaeschen (Jungfische i.A.) zuliebe sollte wenn, nur ein erfahrener Fischer mit solchen Köder fischen,
denn ein trauriges Sprichwort besagt: "Ein blutender Fisch ist ein toter Fisch!".
Der Fischer war sich dieser Thematik sehr wohl bewusst und somit versuchte er sein Glück wie schon seit vielen Jahren mit selbst gebundenen Nymphen. Zugegeben, an manchen Tagen hat man damit "weniger" Erfolg - doch mit einer gesunden Einstellung zum Thema Fisch und Natur, hat er die Phase, wo ein "Guter" Tag am Wasser ausschliesslich an der Menge der erbeuteten Fische im Körbchen gemessen wurde, hinter sich gelassen. Seine Erfahrungen haben ihn gelehrt, dass Kunstköder wie Nymphen oder der Rote Haken ebenso fängig sind und dass es oft nur eine Frage der Geduld - sprich "richtigen" Zeit - ist, bis solche Köder dann doch noch von den Aeschen genommen werden. Es ist lediglich ein Vertrauen in sein eigenes Tun und Handeln erforderlich und der zukünftige Glaube daran,
wird durch den wiederholten Fangerfolg von selbst bestätigt.
Die Stunden am Wasser vergingen wie so oft im Fluge und auch nach dem x-ten Wurf mit dem Tirolerhölzel wollte sich keine Aesche für die dargebotenen Snacks an der Montage begeistern. Einmal die ausgesuchte Strecke hinab und wieder hinauf gefischt, liess den Schuss zu, dass eben Heute und Jetzt damit kein Fangerfolg zu verbuchen ist. Nun gut, wenigstens hat der Fischer nicht wirklich gefroren. Ausser ein paar kalten und klammen Fingern, das vor allem beim Wechseln der Köder ein paar Minuten mehr Zeit in Anspruch nahm, konnte man dank der gut gewählten Kleider und den Taschenwärmern schon fast von angenehmen Umständen sprechen. Da sich nun wenigstens dieser Teil der Geschichte in Wohlgefallen aufzulösen schien,
packte ihn erst recht der Ergeiz, es an einer anderen Stelle erneut zu versuchen.
Die Mittagszeit war längst vorbei und so langsam aber sicher konnte man feststellen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis es mit dem Eindunkel beginnt. In aller Regel war und ist dies immer eine gute Zeit, also, packte er es an und seine 3 Nymphen flogen ein weiteres Mal hinaus auf die Wasseroberfläche um augenblicklich nach dem Aufkommen in die Tiefe, auf den Gewässergrund, hinab zu sinken. Im Gegensatz zur ersten Stelle am Vormittag, war in diesem Abschnitt die Gewässer Strömung stärker und somit entschied er sich für ein um 10gr. schwereres Tirolerhölzel. Damit konnte ein längerer Grundkontakt erreicht werden und man durfte sich sicher sein, dass die Köder dort angeboten wurden, wo man sie auch haben wollte, nämlich da,
wo sich die Aeschenschulen auf der Suche nach Nahrung aufhielten.
Die Hoffnung stirb zuletzt und der Glaube versetzt Berge - wie Wahr, wie Wahr! Ein paar wenige Würfe später und schon klopfte es an. Toc, Toc, Toc signalisiere die Schnur über dem Zeigefinger und wie es anklopfte liess es gleich die Schlussfolgerung zu, dass es sich nur um eine Fahnenträgerin handeln konnte, die an einem der Köder gefallen gefunden hatte. Der Drill gestaltete sich spannend und wenn überrascht es, von den drei angebotenen Farben Braun, Rot und Gelb, war einmal mehr die braune Nymphe der Bringer. Montiert als unterster Köder, also dem Gewässergrund am nahesten, vermochte sie eine anständig genährte, aber etwas gar schlanke Aesche zu verführen, welche nach der Einschätzung des Fischers klar noch nicht für eine Entnahme abgewachsen war. Schon Anno Dazumal stellten viele Fischer die Eigenverantwortung gegenüber der Waidgerechtigkeit über die Vorschriften. Sie sorgten somit dafür, dass an manchem Gewässer bis Heute eine vielschichtige Ausgewogenheit herrscht,
damit die Fischer der Zukunft weiterhin auf einen guten Fang hoffen dürfen.
Es ist so und es war schon immer so, in den allermeisten Fällen wird Grosszügigkeit im Leben belohnt. Wer sein Gärtchen hegt und pflegt, der darf am Ende auch eine gute Ernte einfahren. Wer es versteht die Natur zu respektieren, mit Nachhaltigkeit und Ehrfurcht ans Werk geht, der wird immer wieder (hier geht es um den Fischfang) mit einem Fangerfolg belohnt. Genau dieses wurde auch dem Fischer zu Teil. Als er nämlich nur kurze Zeit später seine Köder erneut auswarf, bekam er den erhofften heftigen Anbiss. Er durfte sich nach bestandenem Drill über eine wunderschöne Aesche freuen, die das Mass von 40cm um einiges hinter sich gelassen hatte und an der natürlichen Nachwuchsförderung mit Sicherheit schon einige Male beteiligt war. Und die Moral von der Geschichte: "Es ist ein stetes Nehmen und Geben - denn wer nur nimmt, merkt dies meist erst, wenn es schon zu spät ist."
Und wenn Er nicht gestorben ist, dann lebt Er noch Heute - Der Fischer mit Eigenverantwortung. In diesem Sinne!