Dem König der Fische an die Flossen

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Roland56
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Dem König der Fische an die Flossen

Beitrag von Roland56 »

Wie in meinen letzten Berichten geschrieben ist das Fischen in Neuseeland wirklich unterhaltsam. Wenn’s nur nicht so weit weg wäre. Oder muss man eher sagen, zum Glück ist es so weit weg, damit das noch etwas so bleibt. Wenn ich mir die Szenen vorstelle, wo die Fischer unter der Schleuse Port handgreiflich werden, wenn’s um „ihren“ Platz geht beim Eglifischen im Oktober, dann ist es hier schon noch friedlicher! Es hat auch nur knapp fünf Millionen Einwohner auf 269‘652 km2 = mehr als 6x die Schweiz mit 41‘285 km2.
Forellenfischen top, Egli auch, aber dann ist ja da noch die Seefischerei. Hier etwas Infos nun zum Kingfish, dem König der Fische. Nicht zum Königslachs wohlverstanden, sondern zu einem Fisch der wirklich seinen Namen verdient, den aber kaum jemand am Bielersee kennt.
1 Ro_king_28_lbs_near.jpg
That’s a Kingi. So sieht der aus. Die grössten werden gegen 30 Kilo, ev. auch mehr. Und Leute, das ist kein Fisch, das ist ein Torpedo. Ich hatte noch nie einen Fisch am Haken der für seine Grösse so abgeht. Der da wog nur mal 17 kg. Aber ich brauchte gleich den Masseur nachher!
Ich ging vor der Koromandel Halbinsel mit einem Charter raus. Der Skipper hielt plötzlich im Nirgendwo auf dem Meer. Nichts zu sehen, aber unter Wasser war ein Seamount, also ein Rücken. Und bei diesem Stand von Tide musste man das Boot auf der Nordseite halten und mit der Strömung der Kante entlang driften. Aha! Und genau auf 18 m standen die Köderfische und da musste man die Yellow tail Makrele runterlassen und dann .... peng. Ohne Guide, no chance sowas zu finden!

2 Ro King drill.jpg
Hier drillte ich mit einem Kingi am Haken und der Arm fiel mir fast ab. 50 kg Mono, eine Rute wie wir sie in Alaska für die Heilbutt brauchten. Der Skipper locker: «Come on, bring him up, hurry!» Hurry, wie denn, der Fisch musste mindestens 30 kg wiegen, und die Rolle hatte die Kurbel auf der falschen Seite weil die hier alle rechts kurbeln, nur Linkshänder kurbeln links sagen sie! Als ich den Fisch dann oben hatte war es nur ein kleiner von knapp über 20 Pfund. Ein Kleiner! Und ich war k.o.!
Es gibt noch einen anderen Grund, die Kingis zu halten um jeden Preis. Wenn die es schaffen, abzutauchen schwimmen sie sofort um Hindernisse wie Felsen oder auch Pfeiler, wenn man sie manchmal im Hafen fängt. Und dann hat man verloren.

3 Kinghead shark.jpg
Hier seht ihr warum man sich auch noch beeilen sollte. Dass es hier viele Fische hat wissen nicht nur die Guides, sondern auch die Haie. Wenn man also den Fisch zu lange drillt ist die Gefahr gross, nicht mehr viel am Haken zu haben bis man ihn dann im Boot hat. Manchmal hat es so viele Haie, dass es schlicht unmöglich ist, auch nur einen Fisch zu landen. Dann muss man die Stelle wechseln. Wir landeten an diesem Tag 20 Kingis. Vier Kunden an Bord. Eine Australierin und selber begeisterte Fischerin die ihrem Gatten diesen Trip zum Geburtstag geschenkt hatte musste Schmerzmittel nehmen nach dem dritten Fisch wegen ihres Rückens
4 Flats Sunrise low tide.jpg
Man kann die Kingfish aber auch an der Fliegenrute fangen. Fliegenrute! Und zwar hier in der Golden Bay ganz im Norden der Südinsel. Zwischen Januar und März ist das Wasser warm genug, dann kommen sie in den Süden. Bei Flut steigt das Wasser an und überschwemmt diese seichten Uferbereiche kilometerweit. Nun schwimmen hier Stachelrochen auf diese Flats und jagen vor allem kleine Flundern. Dabei scheuchen sie auch viele Fische auf. Nun folgen die cleveren Kingfish diesen Stachelrochen wobei sie fast auf deren Rücken sitzen und dann wie Pfeile die aufgescheuchten Fische jagen.
Hier der link zu einem kurzen youtube Film der dieses Verhalten der Kingfish gut illustriert:
So viele Kingis wie hier hat es höchst selten auf einem Stingray


5 Ro waiting.jpg
Man geht also vor dem Einsetzen der Flut so weit raus wie möglich, das sind dann fast 2 km, und watet dann mit steigender Flut wieder landein-wärts. Immer etwa so hüfthoch im Wasser und schaut, wo einer dieser Ro-chen schwimmt dessen Kontur man sieht und wirft dann den an. Die Kingis sieht man schlecht. Dies entweder mit einer Fliegenrute oder auch einer Spinnrute mit einem Wobbler oder Gummifisch.
6 Stingray schwimmt vorbei.jpg
Hier sieht man so einen Rochen vorbeiziehen. Also Wurf Wurf Wurf, immer etwas vor den Rochen aber nicht zu weit..... und, wenn ein Kingi drauf sitzt, dann schnappt der den Köder. Wenn er Lust hat! Man hat meist so zwei – drei Würfe, dann ist der Rochen wieder weg. Zu weit, oder zu nah. Und dabei versuchen, nicht den Rochen an den Haken zu bekommen!
9 Stingray vor Fuss.jpg
Dieser da sah mich und schwamm neugierig auf mich zu und blieb dann fast eine Minute nur knapp vor meinen Füssen stehen. Beachtet meinen Schatten! Ich hoffte einfach, dass er gute Laune hatte, denn der Stachel war mir ein eindeutig zu nah! Er schwamm aber dann gemütlich wieder weg. Und hatte auch keine Kingi dabei. Es war auch der falsche Rochen, ein «Eagle Ray». Die Kingis folgen nur den «Stingrays», die dunkler und runder sind. Diese scheinen ein anderes Schwimmverhalten zu haben und mehr Fische aufzuscheuchen – also wählen die Kingis diese und nicht die Eagles. Clever, nicht! Googelt mal Stingray und Eagle Ray und Bilder, dann seht ihr den Unterschied.
7 Stingray_kaum_zu_sehen_02.jpg
Wenn es giftige Schlangen hat, soll man an den Boden stampfen, damit sie abhauen. Funktioniert auch meist, ausser bei den hochgiftigen Brown Snakes in Tasmanien in Australien. Die verstecken sich nur und hoffen, dass man nicht auf sie tritt. Sonst halt Pech gehabt!

Was macht man denn bei Stachelrochen? Seht ihr ihn? Diese buddeln sich bisweilen ein, nur die Augen schauen dann noch raus. Wie der sich dann verhält, wenn man ihm auf den Schwanz tritt... na ja, das wäre ja noch gut, aber wenn man ihm auf die Flossen tritt ..... gab es da nicht diesen be-kannten australischen Tierfotografen der vor laufender Kamera beim Füttern eines Stingrays dessen Stachel in die Brust bekam und das war dann das Ende seiner TV Serien.

Hier lohnt es sich also, nicht nur in der Ferne auf die herumschwimmenden Rays zu achten, sondern auch gut zu schauen ob da nicht einer im Sand sitzt wie dieser da. An diesem Tag war das Wasser klar, da sieht man sie. Nicht so bei leichtem Wellengang und aufgewirbeltem Sand, dann ist schon in seichtem Wasser nichts mehr zu sehen von so einem verbuddelten Ray.
8 Stingray Stecken.jpg
Ab und zu packt auch ein Rochen den Köder. Oder aber man erwischt ihn im Flügel. So ein Rochen von einem Meter Durchmesser zieht dann ein-fach ab wie ein Zug. Entweder reisst die Schnur, oder man kann ihn aus-drillen und den teuren King - Wobbler retten. Wenn es gelingt ihn herzubringen so nach einer halben Stunde oder länger, je nach Grösse des Rochens, und auch den im Flügel sitzenden Wobbler sieht, muss man den nun noch rausbekommen. Da hinten ist dann dieser besagte Stachel.... Am besten geht’s, wenn man mit einem langen Stecken den Schwanz in den Sand drückt und dann mit der Zange den Haken löst. Die haben eine extrem ledrige Haut, aber es geht, einfach mit etwas Herzklopfen immer!
10 Kingi an white softbait.jpg
Hat man endlich einen Kingi am Haken, heisst das noch lange nicht, dass man den auch ins Netz bekommt. Sie springen wie toll, nehmen 100 und mehr Meter Schnur, dass es nur so rauscht, reiben ihre Nasen im Sand und versuchen den Köder rauszuscheuern, winden und wehren sich was nur geht, versuchen am Schluss zwischen den Beinen durchzuschwimmen oder um die Beine herum! Clevere Biester! Kingfish eben! Ein Kollege der seit Jahren nur mit der Fliegenrute auf die Kingis fischt brach bereits zwei Ruten weil grosse Kingfish so unglücklich um seine Beine schwammen was dann keine Fliegenrute aushält.

Dieser hier war nur ein kleiner, das Schonmass sind 75 cm. Gut ist, dass es hier auf den Flats keine Hindernisse gibt, man hat also Zeit zu warten. Und meist auch keine Haie, ausser manchmal, liess ich mir sagen! Man sollte also keinen Fisch am Gürtel festbinden nach dem Kiemenschnitt – einfach so vorsichtshalber!

Ihr seht, die Kingifischerei ist Abenteuer pur. Es muss einfach auch alles stimmen. Wassertemperatur, das Wetter, die Sicht im seichten Wasser, die Windrichtung bei schönem Wetter.... Ich war viermal in der Golden Bay und hatte zweimal Regen oder Wind und Wellen. Aber wenn’s stimmt, dann ist’s einmalig. Einfach so als Idee, wenn ihr schon gerade zum Forellenfischen in Neuseeland seid, macht doch eine Abstecher an die Golden Bay! Petri heil!
Zuletzt geändert von Roland56 am So 12. Dez 2021, 23:48, insgesamt 3-mal geändert.
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Loup
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Re: Dem König der Fische an die Flossen

Beitrag von Loup »

Oh ja, dem neuseeländischen Kingfish bin ich auch begegnet, und wie!! Im nördlichen Teil der Nordinsel auf einem Steg durfte ich zum ersten Mal diesen Fisch drillen. Was für ein Erlebnis.... und ja, sich um die Pfosten wickeln beherrschen sie bestens.
Vielen Dank für diesen tollen Bericht. Der King war eins meiner grössten Erlebnisse der Meerfischerei in Neuseeland.
Gruss vom Murtensee
Loup
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Uwe
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Re: Dem König der Fische an die Flossen

Beitrag von Uwe »

Hallo Roland,
wieder ein sehr spannender und toller Bericht von der anderen Seite der Erde.
Vielen Dank dafür!!!

Vielleicht habe ich auch mal das Glück und darf so einen tollen Fight erleben.
Gruss Uwe
Eine Seeforelle zu fangen ist wie ein wunderschöner Sonnenuntergang. Man kann es nicht beschreiben, man muss es erlebt haben.
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