Meine Mutter las vor zwei Wochen eine Werbung als sie zufällig in mein herumliegendes Petri-Heil geschaut hat. Darin bot das Hotel-Gründler’s seine Gewässer an. Es hörte sich alles gut an und so buchten wir kurzfristig 4 Nächte Fischerferien. Eigentlich bin es ja immer nur ich, der fischt. Meine Mutter geht wandern oder „lädelen“. Aber mit 14 kann ich ja leider noch nicht alleine in die Ferien.
Tackle hatte ich genug, meine Mutter hatte fast ein „Herzchriesi“ :mgreen:.
Wir nahmen also Montag Mittag die 400 Kilometer unter die Räder.
Da war noch schönes Wetter .
Nach Zwei Mal halten und fünfeinhalb Stunden Qual, erblickte ich die Enns. Ich konnte richtig fühlen wie sich meine Vorstellungen in Rauch auflösten. Das war irgendein Ding, keine Ahnung wie ich es beschreiben soll . Ok, dachte ich, auch ein hässlicher Kanal kann Fische beherbergen. Allerdings war dieser Kanal kaffebraun.
Ich bezweifle dass da Fische drin sind.
Meine Stimmung war am Boden. Im Hotel angekommen war das erste, was ich tat, war an der Rezeption zu fragen, ob ich Morgen eine Revierführung haben könnte. Man sagte mir, es ein Flyfishing-Instructor als Gast hier, der fische - und fange. Die freundliche Rezeptionistin, die in einer typisch Österreichisch freizügigen Tracht gekleidet war :mgreen:, organisierte mir eine Führung mit dem Revierbetreuer. Natürlich fragte ich explizit nach der Fliegenstrecke, da ich hoffte, das Fliegenfischen näher kennenzulernen. Am nächsten Morgen war ich beim „Zmorgä“ zeimlich nervös – es juckte mich irgendwie in der Rutenhand. Am Nebentisch sass eine nette Familie, sie sprachen Schweizerdeutsch. Es war schön mal wieder die bekannte Sprache zu hören. Ich hatte aus einem unerfindlichen Grund das Gefühl einem Fischer gegenüber zu stehen. Als ich dann um Neun Uhr in der Lobby stand, war ich nicht sicher ob ich meinen Augen trauen konnte. Meinen Ohren schon gar nicht. Da stand tatsächlich der nette Schweizer vom Nebentisch ! Er war sogar der Fly-Fishing Instruktor, von dem die Rezeptionistin sprach. Als ich ihm beichtete, dass ich mir das Fliegenfischen per Auto-Diktat versucht habe beizubringen, bekam er ein breites Grinsen. Er setzte sich an den Bindetisch, und band ein paar Rehaar-Segdes für den Seitenbach der in die Enns einmündet. Er zeigte mir wie man ein Fliegenvorfach selbst knotet. Als Spitze benutzten wir ein 0.16 Fluorocarbon, da es in dem Bach tatsächlich steigende Fische >50cm zuhauf gab. Als alles bereit war, stiegen wir ins Auto und nur fünf Fahrminuten entfernt, lag die Mündung des interessanten Wiesenbachs. Danach hiess es Ruten auftakeln, Westen bereit machen und die Wathosen anschnallen. Nach zwanzig Minuten waren wir dann einsatzbereit. Die Enns kam zu hoch und zu schnell für die Trockenfliege und auch die Nymphe war schlicht unmöglich zu fischen. Nicht einmal das Waten war erwägenswert, da es am Ufer bereits einen Meter tief war und ein ungeheurer Strömungsdruck herrschte. So liefen wir also zum extrem zugewachsenen Bach. Und sahen auch schon gute >45cm Fische stehen. Wir hatten das Gefühl an einem Forellenpuff zu stehen :mgreen:. Doch die Fische stellten sich als ausgesprochen wählerisch heraus. An der ersten guten Stelle, wo zwei drei schöne Fische standen, liess mich Reto zuerst werfen. Natürlich ging die Fliege neben das Ziel und erst nach dem fünften Versuch klappte dann das abtreiben lassen auf die Forelle zu. Die Fliege trieb genau über den Kopf des in einen Meter Tiefe stehenden Fisches und er stieg. Ich traute meinen Augen nicht, als sich dieser schwarze grosse Schatten auf die gut sichtbare Reehar-Sedge zuschob. Ein Wasserschwall und weg war die Fliege im Maul der gut vierziger Rainie. Ich versuchte Kontakt herzustellen, doch unerfahren wie ich war, hatte ich viel lose Schnur gelassen und der Fisch hatte Zeit, den Köder wieder abzuschütteln. Ich fand es aber ehrlich gesagt gar nicht schade, zu gross war die Freude und das Adrenalin nach diesem Biss. Selbstbewusst wie Reto ist, sagte er zu mir, er fange jetzt auch noch kurz eine und beim ersten Wurf hörte ich das schöne Platschen, wenn eine Forelle auf die Trockenfliege steigt. Nach einem sehr kurzen Drill hakte er den gut dreissiger Regenbögler elegant mit der Rutenspitze noch im Wasser ab. Meisterhaft!
Eine Stellvertreter Rainie von einer anderen Stelle die als Model herhalten musste.
So fischten wir eine Stunde. Als der Bach immer trüber wurde, stieg nichts mehr, mir gelang es auch bis dahin nicht einen Fisch zu überlisten und auch zu landen. Mit der Bissverwertung haderte ich noch ein wenig, genauso wie mit der Wurftechnik . Als der Bach zu trüb wurde, entschieden wir uns, weiter nach unten an die Enns zu fahren, doch auch dort war sie unbefischbar und wir stellten so um sechzehn Uhr schweren Herzens das Fischen ein. Ich hatte die Spinnrute im Auto, mit der sicher noch was gegangen wäre, doch ich sagte zu Reto, „lieber ehrenvoll nichts fangen als unehrenvoll zu fangen.“ Wir verabredeten uns allerdings für den nächsten Tag wieder um Neun Uhr.
Am nächsten Morgen assen wir gemütlich einen feinen „Zmorgä“, bestehend aus einem grossen Buffet, aus dem ich mir zielsicher das beste rausgepickt habe. Ich ging freudig ans Wasser und harrte im Auto der Dinge die da kommen mögen. Leider kamen keine Dinge, ausser einem kafeebraunen Bach, der mit der Fliege unbefischbar war. Nun kippte mein Wiederstand gegen die Spinne und ich holte sie hervor. Mit einem 1er Mepps mit roten Punkten hatte ich Erfolg und der erste Fisch hing. Er steuerte direkt in seinen Unterstand, doch als ich es verhindern wollte schüttelte er den Haken ab. Das ist halt das Opfer, das man bringen muss, wenn man mit Einzelhaken fischt . Doch ich tue das gerne, da ich die meisten Forellen wieder in die Freiheit entlasse. Ich montierte einen Rapala Ultra-Light Shad und nach ein paar Würfen, hing ein Saibling am Einzelhaken des Violetten Wobbler. Ich hielt ihn zuerst für eine Bachforelle, doch als ich ihn sah, war mir klar, dass es ein Bachsaibling war. Der Fisch liess sich nicht ohne Wateinsatz landen und so sprang ich wortwörtlich ins kalte Wasser. Er hatte wohl so 25-30cm. Nach diesem Fisch, hatte ich irgendwie keine Lust mehr mit der Spinnrute zu fischen und wollte lieber wieder die Fliegnrute auspacken, doch für diese war der Bach schon zu stark angetrübt, insbesondere für die Trockenfliege. So entschieden wir uns an den ebenfalls im Patent inbegriffenen Zauchensee zu fahren. Vielleicht kennt ihr den gleichnamigen Ski-Weltcup Ort. Der See ist 3 Hektar gross, Fischerboote stehen zur Benützung bereit doch die, haben wir links liegen lassen. Wir drehten eine Runde ohne Fischerausrüstung um den See und sahen auch schon am Ufer über 10 Saiblinge, Bach- und Regenbogenforellen. Bevor wir mit dem Fischen begannen sind wir noch kurz „einä go ziäh“, wie das auf Zürcherdeutsch heisst. Bei dieser Fischpracht war es klar dass wir nicht lange sitzen bleiben konnten. Nach zehn Minuten sind wir folglich unsere Sachen holen gegangen und machten die ersten Würfe. Bei einem Bacheinlauf gab es einen Biss auf eine Sedge, vollkommen atypisch für den Bergsee. Das war wohl ein grosser Fisch, der Ring war wirklich mächtig! Nun montierten wir Mücken und Ameisen, mit denen wir einige 25-30 cm Saiblinge und Forellen überlisten konnten. Doch es war wie verhext, ein einziger Biss oder auch Fehlbiss und man musste die Fliege wechseln! Die Fische waren sehr heikel und schlau! Unter den kleineren Saiblingen schwamm auch noch ein dunkler, gut 45er Fisch umher. Wir klassifizierten ihn als Namaycush. Plötzlich ging nichts mehr. Reto montierte eine Nymphe, ich einen Streamer, den ich sogar noch im Auto geholt hatte. Doch auf nichts bissen sie. Sogar die extrem zahlreich vorhandenen Elritzen liessen sie links liegen. Eine halbe Stunde sassen wir ratlos am Ufer, bis die Wendung kam. Ein Holländischer kleiner Junge kam und sprach irgendein Kauderwelsch. Ich hielt es zuerst für schwedisch, bis mir der Vater sagte, sie seine Holländer. Ich sprach ein bisschen mit ihnen, plötzlich warf einer der Jungs sein Brot in den See und das Wasser explodierte förmlich! Da wusste ich wieso nichts mehr geht! Am Nachmittag, wenn viele Wanderer den See erreichen stellen sich die Fische auf Brot ein. Darum fingen wir an den unzugänglichen Stellen auch nichts. Wahrscheinlich war das auch der Grund wieso die Fische am Anfang die braune, brotähnliche Sedge nahmen. So nahm ich eine Fliege und schnitt ihr den Körper ab, sodass nur noch das Dubbing und der Haken übrigblieben. Ich monierte ein klein wenig Brot. Ich warf nur einen Leerwurf, damit das Brot nicht abfiel. Eine Halbe Sekunde nachdem das Brot im Wasser war, war es auch schon wieder verschwunden. Ein 25cm Bachsaibling gab mir die Ehre. Um den Fisch vom Haken zulösen, drückte ich dem Jungen die Rute in die Hand. Er sah mich verdutzt an, nahm sie aber dann freudig . Klar, das Brot war nicht die feine englische Art, doch sehr kurzweilig. Reto war nicht gerade begeistert, von meiner Idee und fischte mit einer Fliege weiter, er liess sich nicht dazu herab, ein bisschen Brot ranzumachen. (Ich fischte auch nur eine halbe Stunde mit Brot.) Als FliFi Instruktor hat er es auch nicht nötig, er fing seine Fische sauber ) . Ich schaute gerade zufällig auf seine Fliege und sah einen reisen Schawall! Der Wiederstand war gross und zog kräftig nach unten. Doch dank Retos Erfahrung (Er hat schon >70 gefangen) und der grosszügig gewählten 0.18 Vorfachspitze gelang es nach zwei, drei Minuten den Fisch zu laden. Vorbildlich in der Ecke des Mauls gehakt, konnte er den Fisch schnell abhaken und nach einem kurzen Foto wieder releasen.
Wunderschöner Fisch!
Sicher Wild gewachsen!
So ein schöner Fisch muss seine Gene weitergeben können!
Das war ohne Zweifel die schönste Bachforelle die ich je in meinem Leben gesehen habe! Ich fühlte mich nach Neuseeland, zu den grossköpfigen Brown Trouts, versetzt. Sie hatte in der Tat einen, im Verhältnis zum Körper, extrem grossen Kopf! Die Zeichnung war schlicht genial. Ich schaute mich um, doch da war kein Neuseeländischer Dschungel, da waren immer noch die schneebedeckten Österreichischen Kalk-Alpen und der Bergsee, mit verflixt kaltem Wasser, wie ich beim Hände waschen spürte. Nach diesem Abschluss beendeten wir hochzufrieden den Fischertag und gingen ins Hotel, „eine go ziäh“ .
So Long Leute, Fortsetzung folgt!