Im Herbst wenn die Tage rasch kürzer werden gibt es oft noch die Gelegenheit bei schönstem Wetter in die Berge zu gehen. Am Tag, bei wenig Wind und Sonnenschein, kann es noch angenehm warm sein, was Besucher und Einheimische gleichermassen erfreut:
Da liegt mein kleiner Liebling vor mir, der hochgelegene See im frühen Sonnenschein mit einem glänzenden Spiegel:
Tja, die kalten langen Nächte und der erste Kälteeinbruch mit Schneefall haben es vollbracht. Das Wasser ist auf der Oberfläche mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Etwa 2 bis 3 cm werden es sein.
Das Eis singt - ein ganz eigenartiges fremdartiges Klangerlebnis - für mich aber doch schon ein vertrautes Geräusch. Das Eis dehnt sich an der Oberfläche aus, die Spannung erzeugt Druckwellen und feine Risse, die Eisfläche bildet den Resonanzkörper. Man hört die Risse vorbeiziehen, mal kurz mal lang, mal hoch mal tief, ohne Takt mit immer wieder überraschenden Wendungen und vielen Pausen. Schwer zu beschreiben, aber schön zu hören. Wäre das Eis dicker, so könnte man beim Betreten die Geräuschkulisse erweitern, auch mit Tönen die einem unter die Haut fahren können, aber das ist ein anderes Thema . Das Fischen ist hier kaum möglich. Es gäbe den Trick, mit Steinen ein Loch zu werfen und durch das Loch den Köder einzubringen. Aber ich möchte ja Fliegenfischen und will keine Fische über das Eis ziehen. Erstmal gut beobachten! Beim Umwandern vom See findet man im hintersten Teil beim kleinen Wassereinlauf eine viel dünnere Eisschicht vor, die beim seichten Einlauf auf ein par Meter sogar ganz verschwindet:
Die steigende Tagestemperatur, der leichte Wind vom Ufer her und die Sonneneinstrahlung werden das Eis hier allmählich weiter schmelzen.
Von einem leicht erhöhten Picknickplatz lässt sich dieser Teil gut überblicken und es dauert keine Stunde für ein schönes Schauspiel am Eisrand:
Der Jäger in mir erwacht. Die Fliegenrute ist bald bereit - mit einer kleinen schwarzen Trockenfliege.
So im Halbstundentakt kommen einzelne Forellen vorbei. Da sehe ich wieder eine kommen. Die Rute liegt neben mir mit am Boden ausgelegter Schnur bereit. Zwei, drei Schwünge und die Fliege ist ein par Meter vor dem Fisch platziert. Er erschrickt und weicht zurück. Doch kurz darauf kommt er neugierig Richtung Fliege. Ich habe diese aus dem Auge verloren und beobachte die Forelle. Sie kommt ganz gemütlich daher, unendlich langsam steigt sie hoch, bei dem klaren Wasser, keinem Wind und Sonnenschein stellen sich meine Gedanken schon darauf ein das sie gleich abdrehen wird, weil da der Faden glänzt, die Fliege zu fremd im Wasser liegt oder was auch immer. Noch langsamer steigt sie hoch. Ruhig bleiben - und ja nicht zu früh anziehen! Endlich durchdringt das Forellenmaul die Wasseroberfläche - es wird ja wohl bei meiner Fliege sein? Jetzt ist das Maul wieder geschlossen und der Fisch sinkt ab. Zug und der Haken sitz, Erleichterung. Doch gleich wieder steigt die Spannung an, die Regenbogenforelle ist fitt, hat sich Winterspeck anfressen können. Sie springt aus dem Wasser, zieht unter das Eis. Die Schnur schneidet das Eis und ich versuche die Rute so flach wie möglich zu legen damit das nicht wieder passiere. Jetzt wirbelt der Fisch Sedimente am Boden auf. Widerwillig folgt er dem Zug Richtung Ufer und ich kann eine wunderschöne Regenbogenforelle behändigen.
Eine Forelle von 300g und 31 cm, gut gewachsen, mit leckerem rötlichem Fleisch. In ihrem Magen finde ich vorwiegend Zuckmückenlarven. Es war wohl die letzte Forelle auf Trockenfliege in diesem Jahr.
Trotz dem neuen Kälteeinbruch bin ich doch noch zuversichtlich einen anderen grösseren See ohne Eis besuchen zu können.
Vielleicht lässt sich auch dort noch mit der Trockenfliege über Mittag ein Fisch locken? Forelle wird es keine sein. Aber dort lauern schöne Saiblinge…