Tatsächlich weht ein frischer Nordwind an diesem Morgen flussaufwärts. Deshalb sind wir hier, statt am Bielersee. Die Felchen können warten. Es ist schön, nach langer Zeit wieder einmal das Gewässer seiner Jugendzeit aufzusuchen. Damals hat mich das Fischervirus gepackt und nie mehr losgelassen. Es ist kein einfacher Fluss für einen Anfänger, wie ich es damals war. Der erste Fisch nach vielen, vielen erfolglosen Tagen wurde auf einen Spinner gefangen – und er war trotz mehrmaligem nachmessen definitiv zu klein! Der erste Massfisch wurde sportlich im Sommer beim Schnorcheln mit einem selbst gemachten Netz herausgeholt. Diese Jugendsünden sind natürlich längst verjährt.
Bald schon beobachtete ich am Abend das Steigen der Forellen. Wie verrückt pflügte ich damals das Wasser mit dem Mepps – mit Null Erfolg. Dies aber war der Auslöser sich mit dem kostbaren Taschengeld beim Kneubühler eine einfache Fliegenausrüstung zu besorgen. Bald darauf die erste anständige Forelle auf eine handgeknüpfte Trockenfliege vom Hühnerstall, ein unvergessliches Erlebnis.
Nun also stehe ich an der Emme,
klares grünliches Wasser, ein guter, leicht sinkender Wasserstand, der charakteristische, schwer beschreibbare Geruch liegt in der Luft. Meine Augen suchen die Wasseroberfläche nach Insekten und steigenden Fischen ab. Es ist noch recht früh das wird wohl noch kommen. Vorerst versuche ich mein Glück mit der Nymphe in einem Lauf unterhalb einer hohen Schwelle. Ein Fischer macht dasselbe beim Zapfenfischen oberhalb. Als er nach einiger Zeit abwärts bei mir vorbeikommt verrät er mir: “obe gumpe si“. “Dankeschön“ - bald darauf stehe ich dort oben, sehe aber kein Steigen. Doch hat es einen schönen Lauf den ich mit der Nymphe absuche. Kurz darauf sehe ich tatsächlich einen Fisch steigen, selten zwar, aber bestimmt einen Versuch wert. Beim zweiten Wurf mit der Trockenen wird diese genommen. Der Haken sitzt und ich spüre einen starken Fisch, er nimmt sich mehrere Meter Schnur und zieht mit der Strömung abwärts. Im tiefen ruhigeren Wasser messen wir die Kräfte, bald kann ich ihn heranziehen. Doch dann plötzlich das unerwartete Erschlaffen der Leine. Tja, das gehört ja wohl dazu, der Haken ist ausgeschlitzt.
Lange bleibe ich noch, doch ist kein Steigen mehr auszumachen und die erneut montierte Nymphe findet keinen Interessenten. Die Sonne steht nun hoch und es ist warm geworden.
An einer ruhigen Stelle nahe am Ufer finde ich eine Haarmücke auf dem Wasser und mache viele Aufnahmen:
Erst die Aufsicht, dann von Unterwasser mit verschiedenen Blickwinkeln auf gut Glück. Ab und zu kommt dabei ein brauchbares Bild heraus. Als dank für die Fotosession wird die Mücke aus ihrer misslichen Lage befreit und am Ufer abgesetzt.
Drei Bilder der Mücke werden am PC zu einem “zusammengeklebt“:
Nähern sich Forelle und Fliege, so sieht der Fisch diese je nach Gegebenheit oft zuerst im Spiegelbereich. Hier wird an der Wasseroberfläche der meist dunkle Boden gespiegelt, zu sehen ist nur der eingetauchte Teil vom Insekt. Am Rand vom Spiegel im Übergang zum Fenster gibt es starke Reflexe am gespannten Wasserfilm der Oberfläche. Im Fenster taucht dann die ganze Fliege im Durchlicht auf. In diesem Bereich sieht der Fisch nun auch nach draussen. Dieses Bild wird natürlich oft durch Wellengang massiv beeinflusst.
Nach einer langen Pause mit Mittagslunch und Shopping geht’s erneut zum Fluss an eine kleine Schwelle.
Hier lasse ich eine grosse Steinfliegennymphe mit einem farbenprächtigen Indikator auf Forellensuche gehen.
Kurz nach einem Einwurf zieht plötzlich der Indikator an der Oberfläche gegen die Strömung ab, eine gute Forelle hängt und lässt sich landen.
Glücklich kann ich die schöne und sehr gut genährte Emmeforelle behändigen.
Im Fluss lassen sich jetzt recht viele frisch geschlüpfte Eintagsfliegen sehen.
Die Hoffnung auf einen guten Abendsprung scheint berechtigt:
Die Emme ist bei schönem Wetter, besonders am Wochenende, ein sehr gut besuchter Ort. Allmählich werden einige gute Plätze von den oft badefreudigen Besuchern verlassen. Es ist ein kommen und gehen: Anstelle der Badegäste tauchen von allen Seiten je länger je mehr Gleichgesinnte Fliegenfischerkollegen auf und die freiwerdenden Plätze werden erneut belegt. Lange findet praktisch kein Steigen statt, dann ab und zu ein Fisch, aber unregelmässig. Nebst zwei Fehlbissen fange ich an diesem Abendsprung in einer recht zügigen Strömung zum Abschluss eine Regenbogenforelle. Zufrieden mit dem schönen und erlebnisreichen Fischertag geht es nach hause. Am nächsten Tag gibt es frische Forelle mit Spargel.